Elektronische Vergabe (E-Vergabe)

Einführung in die elektronische Vergabe (E-Vergabe)

Die elektronische Vergabe, kurz E-Vergabe, bezeichnet ein weitgehend digitalisiertes Verfahrensmanagement bei öffentlichen Ausschreibungen. Sie umfasst dabei sämtliche Verfahrensschritte von der Bekanntmachung einer Ausschreibung über den kompletten Prozess des Auftragsvergabeverfahrens bis hin zur finalen Beauftragung des Auftragnehmers. Seit einigen Jahren hat die elektronische Vergabe in Deutschland erheblich an Bedeutung gewonnen. Grund hierfür sind gesetzliche Rahmenbedingungen sowie Bestrebungen zur Erhöhung von Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Transparenz bei öffentlichen Aufträgen.

Dieser Artikel beleuchtet umfassend die gesetzliche Grundlage, die Vorteile und Herausforderungen der elektronischen Vergabe und nimmt Bezug auf die relevanten vergaberechtlichen Vorschriften.

Rechtliche Rahmenbedingungen der elektronischen Vergabe

Die elektronische Vergabe ist seit Inkrafttreten des modernisierten Vergaberechts im Jahr 2016 auf breiter Ebene implementiert worden. Zentrale Rechtsnormen, die die elektronische Vergabe relevant steuern, finden sich insbesondere im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§ 97 GWB) sowie in der Vergabeverordnung (§ 9 VgV) und der UVgO (Unterschwellenvergabeordnung), hierbei sind insbesondere § 38 UVgO und § 39 UVgO zu nennen. Im Bereich der Bauleistungen regelt die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen VOB/A (§ 11 VOB/A) die elektronische Kommunikation verbindlich.

Vorgaben aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

§ 97 GWB verpflichtet öffentliche Auftraggeber zur transparenten, diskriminierungsfreien und wettbewerbsorientierten Kommunikation. Diese Anforderungen können durch die Nutzung elektronischer Mittel besonders effektiv erfüllt werden.

Vorschriften der Vergabeverordnung (VgV)

Gemäß § 9 VgV ist die elektronische Form der Kommunikation grundsätzlich verbindlich vorgeschrieben. Hierbei werden vornehmlich der elektronische Versand der Vergabeunterlagen und die elektronische Angebotsabgabe geregelt. Ausnahmen von der verpflichtenden elektronischen Übermittlung sind dabei nur in eng begrenzten Einzelfällen zulässig.

Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)

Die UVgO beinhaltet vergleichbare Regelungen. Laut § 38 UVgO ist die elektronische Bereitstellung der Vergabeunterlagen verpflichtend. Angebote sollen zudem nach Maßgabe von § 39 UVgO elektronisch übermittelt werden.

Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A)

Im Kontext von Bauleistungen bestimmt § 11 VOB/A die verpflichtende Nutzung elektronischer Mittel. Ausschreibungen und Vergabeprozesse sind elektronisch abzuwickeln.

Vorteile und Chancen der elektronischen Vergabe

Die elektronische Vergabe bringt zahlreiche Vorzüge mit sich:

Zeit- und Kostenersparnis

  • Der Verzicht auf Papier und physische Transfers reduziert erheblich Verwaltungsaufwand und Kosten.
  • Verkürzte Bearbeitungszeiten durch unmittelbare und medienbruchfreie Kommunikation beschleunigen den gesamten Vergabeprozess spürbar.

Erhöhte Transparenz und Nachvollziehbarkeit

  • Sämtliche Vorgänge und Kommunikation werden elektronisch dokumentiert und sind langfristig nachvollziehbar.
  • Transparente Vergabeverfahren reduzieren die Korruptionsanfälligkeit und stellen eine objektivere, rechtskonforme Vergabepraxis sicher.

Förderung des Wettbewerbes

  • E-Vergabe-Plattformen bieten umfassenden Zugang zu Ausschreibungen, wodurch mehr Unternehmen, insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen (KMU), an Vergabeverfahren teilnehmen können.
  • Vereinfachte Prozesse fördern die Beteiligung neuer Marktteilnehmer und somit eine Erweiterung des Wettbewerbes.

Risiken und Herausforderungen der Einführung der elektronischen Vergabe

Trotz der vielen Vorteile bringt die Praxis der elektronischen Vergabe einige Herausforderungen mit sich, insbesondere für öffentliche Auftraggeber, die noch nicht vollständig damit vertraut sind:

Anforderungen an die IT-Infrastruktur

  • Die Einführung vollständig elektronischer Prozesse erhebt hohe Anforderungen an eine zuverlässige und sichere IT-Infrastruktur bei öffentlichen Stellen.
  • Besonders kleine Kommunen kämpfen häufig mit technischer Ausstattung und fachlichem Know-how.

IT-Sicherheitsproblematik

  • Datenschutz und IT-Sicherheit spielen eine zentrale Rolle, vor allem bei sensiblen Vergaben mit vertraulichen Unterlagen.
  • Angriffe oder Systemausfälle können den Vergabeprozess stören oder gefährden. Daher bedarf es regelmäßiger Sicherheitsüberprüfungen und Schutzmaßnahmen.

Umstellung und Schulungen des Personals

  • Die Einführung elektronischer Verfahren bedeutet zunächst einen erheblichen organisatorischen und didaktischen Aufwand.
  • Mitarbeiter müssen umfassend geschult und beim Umgang mit neuen elektronischen Plattformen unterstützt werden.

Umsetzung elektronischer Vergabe in Praxisbeispielen

Die praktische Umsetzung erfolgt überwiegend über spezialisierte E-Vergabe-Plattformen. Kommunen und andere öffentliche Auftraggeber bedienen sich dafür häufig externen Anbietern, die maßgeschneiderte Lösungen bereitstellen. EU-weite Ausschreibungen werden über TED (Tenders Electronic Daily) der Europäischen Union bekanntgemacht.

Zur digitalen Prozessunterstützung gehören typischerweise:

  • Elektronische Bekanntmachungen und Vergabeunterlagen
  • Elektronische Angebotsübermittlung und Signierung
  • Digitale Angebotseröffnung und -auswertung
  • Elektronische Dokumentation der Entscheidung und Zuschlagserteilung

Kontroll- und Prüfsysteme

Die elektronische Vergabe unterliegt regelmäßiger Kontrolle und Überprüfung durch Rechnungsprüfungsbehörden und Vergabekammern. Die Prüfstellen fordern dabei die Vorlage elektronischer Dokumentationen und prüfen auf die Einhaltung aller vorgeschriebenen Regelungen aus GWB, VgV, UVgO und VOB/A.

Fazit und Ausblick

Die elektronische Vergabe ist aus dem heutigen Vergaberecht nicht mehr wegzudenken. Durch klare gesetzliche Vorgaben und zunehmende Akzeptanz sowie Nutzung seitens Auftraggebern und Bietern dürfte sich die elektronische Vergabe noch weiter verbreiten und weiterentwickeln.

Entscheidend ist, dass Behörden und Auftraggeber ihre Infrastruktur auch zukünftig pflegen und kontinuierlich verbessern. Angesichts einer dynamischen Digitalisierung gewinnt die elektronische Vergabe zunehmend zentrale Bedeutung für ein effizientes, transparentes und wirtschaftliches Beschaffungswesen in Deutschland.