Einführung in die Ausschlussgründe
Ausschlussgründe regeln, wann ein Bieter oder ein Angebot zwingend oder fakultativ vom weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen werden soll oder kann. Da das Verhältnis zwischen Auftraggeber und potenziellem Auftragnehmer durch strenge formale Vorgaben geregelt ist, gilt es für beide Seiten, die Ausschlussvoraussetzungen genau zu kennen und einzuhalten. Ausschlussgründe dienen dabei grundsätzlich der Sicherstellung von Transparenz, Gleichbehandlung sowie der Qualität und Zuverlässigkeit von Auftragnehmern.
Rechtlicher Rahmen für Ausschlussgründe
Die Ausschlussgründe für öffentliche Vergabeverfahren sind vornehmlich in den verschiedenen Vergabevorschriften geregelt:
- Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§123 GWB und §124 GWB) regelt die zwingenden und fakultativen Ausschlussgründe.
- Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV §42), speziell zur Eigenerklärung bezüglich Ausschlussgründen.
- Unterschwellenvergabeverordnung (UVgO §31), welche analog Regelungen zum Ausschluss unterhalb der EU-Schwellenwerte festlegt.
- Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A §16), insbesondere relevant bei Bauvergaben.
Im Folgenden wird auf diese einzelnen Regelungen näher eingegangen.
Zwingende Ausschlussgründe gem. §123 GWB
Zwingende Ausschlussgründe nach §123 GWB führen immer zu einem Ausschluss eines Bieters vom Vergabeverfahren und lassen dem Auftraggeber keinen Ermessensspielraum. Hierzu gehören insbesondere:
- Beteiligung an kriminellen Handlungen (Korruption, Geldwäsche)
- Bildung krimineller Vereinigungen
- Betrug und Untreue, insbesondere in Verbindung mit öffentlichen Stellen
- Straftaten gegen den Wettbewerb und gegen Arbeitnehmerrechte
- Steuerstraftaten
Die Rechtfertigung hierfür ist die grundsätzliche Zuverlässigkeit und Integrität, die ein öffentlicher Auftragnehmer erfüllen muss. Wenn es zu einer rechtskräftigen Verurteilung wegen der genannten Straftaten gekommen ist, wird der Bieter regelmäßig aus dem Vergabeverfahren ausgeschlossen. Es handelt sich hierbei um Ausschlussgründe, die naturgemäß schwerwiegend sind und ein besonderes öffentliches Interesse an deren Einhaltung und Durchsetzung besteht.
Fakultative Ausschlussgründe gem. §124 GWB
Im Gegensatz zu zwingenden Ausschlussgründen gibt es fakultative Ausschlussgründe nach §124 GWB, bei denen der Auftraggeber einen Ermessensspielraum hat, ob er einen Bieter letztlich ausschließen will. Die im Einzelnen aufgeführten Gründe sind:
- Verstöße gegen geltende Umwelt-, Sozial- oder Arbeitsrechtsvorschriften
- Insolvenz oder vergleichbare Verfahren, wirtschaftlich kritische Lage
- Nachweisliche oder erhebliche Verfehlungen bei der beruflichen Tätigkeit
- Verzögerung oder Nichterfüllung von früheren öffentlichen Aufträgen
- Versuch der unzulässigen Einflussnahme auf den Entscheidungen des Auftraggebers
Hier besteht eine wichtige Aufgabe der Vergabestelle darin, das objektive Ermessen rechtskonform auszuüben. Die Entscheidung ist zu dokumentieren und nachvollziehbar zu begründen. Der Ausschluss erfolgt, wenn dem Auftraggeber Gewissheit oder ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass auch zukünftige Aufträge nicht ordnungsgemäß abgewickelt würden oder ein anderer der angeführten Fälle einschlägig ist.
Ausschlussgründe nach UVgO (§31 UVgO)
Unterhalb der Schwellenwerte regelt §31 UVgO ähnliche Ausschlussgründe wie das GWB, wobei die Vorschriften im Wesentlichen analog ausgestaltet sind. Auch hier gilt es, sowohl zwingende (z.B. strafrechtliche Verfehlungen) als auch fakultative (z.B. mangelnde Eignung, Insolvenzgefahr, Fehlverhalten bei früheren Vergaben) Gründe sorgfältig zu prüfen und eine nachvollziehbare Entscheidung herbeizuführen.
Besondere daneben bestehende Ausschlussgründe nach VOB/A (§16 VOB/A)
Im Rahmen von Bauleistungen legt §16 VOB/A spezifische Regeln zum Ausschluss fest:
- Fristversäumnisse (zum Beispiel verspätete Abgabe von Unterlagen)
- Inhaltliche oder formale Unvollständigkeiten des Angebotes, insbesondere fehlende Unterschriften oder Angaben
- Angebote mit grundlegend unklarer oder widersprüchlicher Kalkulation
Auch hier hat die Vergabestelle sorgfältig und verhältnismäßig zu prüfen, ob der Ausschluss gerechtfertigt ist.
Praxisempfehlung im Umgang mit Ausschlussgründen
Es empfiehlt sich stets eine sorgfältige Prüfung aller relevanten Ausschlusstatbestände. Bieter sollten bei Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen sorgfältig darauf achten, dass formale und inhaltliche Vorgaben erfüllt sind, Fristen eingehalten und strafrechtliche sowie rechtliche Vorwürfe vermieden werden. Zur Absicherung empfiehlt sich gegebenenfalls frühzeitig eine Beratung.
Vergabestellen sollten stets eine transparente und rechtssichere Dokumentation gewährleisten. Nur so können Nachprüfungsverfahren problemlos bestanden werden.
Möglichkeit der „Selbstreinigung“ (§125 GWB)
Für Betroffene gibt es gemäß §125 GWB die Möglichkeit der sogenannten „Selbstreinigung“. Unternehmen können trotz Vorliegen von Ausschlusskriterien wieder am Vergabeverfahren teilnehmen, wenn sie nachweisen:
- aktiver Kooperation mit zuständigen Ermittlungsbehörden,
- Ausgleich entstandener Schäden sowie
- Maßnahmen zur zukünftigen Vermeidung struktureller Fehlverhaltensweisen.
Diese Selbstreinigung setzt jedoch voraus, dass überzeugend dargelegt wird, dass kein neuerliches Fehlverhalten zu befürchten ist und Maßnahmen nachhaltigen Erfolg versprechen.
Fazit
Ausschlussgründe in Vergabeverfahren sind ein rechtlich entscheidendes Instrument zur Sicherstellung transparenter und fairer Verfahren sowie qualitativ zuverlässiger Auftragnehmer. In der Praxis stellen sie jedoch häufig Herausforderungen dar: Fehlende formale Vorgaben, kleine Fehler oder Verstöße können schwerwiegende Folgen haben. Für alle am Verfahren Beteiligten – sowohl Vergabestellen als auch Unternehmen – empfiehlt es sich daher, intensiv zu prüfen und sorgfältig zu dokumentieren, um rechtssichere und transparente Verfahren sicherzustellen.