§ 7 HVTG
Nachweise und Kontrollen
(1)

Die beauftragten Unternehmen sowie ihre Nachunternehmen und Verleihunternehmen sind verpflichtet, auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers die Einhaltung der Verpflichtungen nach den §§ 4 und 5 jederzeit nachzuweisen oder Auskunft darüber zu erteilen. Sie haben vollständige und prüffähige Unterlagen über die eingesetzten Beschäftigten bereitzuhalten. Die öffentlichen Auftraggeber dürfen angekündigt oder unangekündigt in erforderlichem Umfang anlassbezogen Einsicht in diese Unterlagen, insbesondere in Entgeltabrechnungen und andere Geschäftsunterlagen der beauftragten Unternehmen sowie aller Nachunternehmen und Verleihunternehmen nehmen, aus denen Umfang, Art und Dauer von Beschäftigungsverhältnissen sowie die tatsächliche Entlohnung von Beschäftigten hervorgehen oder abgeleitet werden können. Auf Verlangen der öffentlichen Auftraggeber sind ihnen diese Unterlagen elektronisch in Textform zur Verfügung zu stellen. Die öffentlichen Auftraggeber dürfen die ihnen zur Verfügung gestellten Unterlagen nur zu dem Zweck nach Satz 1 nutzen. Die Unterlagen dürfen höchstens bis zu einem Jahr nach Erfüllung des Vertrags mit dem beauftragten Unternehmen aufbewahrt werden. Die beauftragten Unternehmen sowie alle Nachunternehmen und Verleihunternehmen haben ihre Beschäftigten auf die Möglichkeit von Kontrollen nach Satz 3 hinzuweisen.

(2)

In den Vertragsbedingungen mit den beauftragten Unternehmen ist aufzunehmen, dass

  1. die Verpflichtungen nach Abs. 1 einzuhalten sind und

  2. mit allen Nachunternehmen und Verleihunternehmen vertraglich zu vereinbaren ist, dass diese die Verpflichtungen nach Abs. 1 einhalten.
(3)

Bestehen Unstimmigkeiten in Bezug auf die im Vergabeverfahren vorgelegten Erklärungen oder Unterlagen oder die nach § 5 Abs. 3 oder 4 vorgelegten Bescheinigungen oder Eigenerklärungen, kann der öffentliche Auftraggeber die ausstellende Stelle oder im Fall einer Eigenerklärung den Bieter um Aufklärung ersuchen. Dies gilt auch für Auffälligkeiten während der Vertragsausführung.

(4)

Bei dem für das Tarifwesen zuständigen Ministerium wird eine Stelle eingerichtet, die im Rahmen von öffentlichen Aufträgen nach § 1 Abs. 1 öffentliche Auftraggeber, Unternehmen sowie deren Beschäftigte unterstützen kann, insbesondere bei Fragen bezüglich der von den Unternehmen zu gewährenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts, soweit sich diese ergeben aus den Vorgaben

  1. des Mindestlohngesetzes,

  2. eines nach dem Tarifvertragsgesetz für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages,

  3. eines nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages oder

  4. einer nach den §§ 7, 7a oder 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung.
(5)

In Fällen, in denen ein Verstoß gegen Tariftreue- oder Mindestlohnpflichten nach diesem Gesetz in Betracht kommt, kann die Stelle nach Abs. 4 bei Bedarf den Kontakt zu den zuständigen Zollbehörden (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) koordinieren.

zu § 7 HVTG

Zu § 7 – Nachweise und Kontrollen


Zu Abs. 1 und 2
Abs. 1 und 2 regeln die vertragliche Kontrolle der Einhaltung der Tariftreue- und Mindestlohnpflichten des Auftragnehmers durch den Auftraggeber in Form von Auskunfts- und Prüfungsrechten und entsprechen inhaltlich dem § 9 Abs. 1 und 2 HVTG 2015.


Zu Abs. 3
Die Kontrollmöglichkeiten der öffentlichen Auftraggeber werden erweitert, indem sie bei Unstimmigkeiten in Bezug auf die nach § 5 Abs. 3 und 4 vorzulegenden Bescheinigungen die jeweils zuständige gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien unterstützend vor Auftragsvergabe und während der gesamten Vertragslaufzeit um Aufklärung ersuchen können. Durch diese Unterstützung wird zum einen die Überwachung der Tariftreue im einzelnen Vertragsverhältnis erleichtert und zum anderen übergreifend Schwarzarbeit bekämpft.


Zu Abs. 4
Die Neuregelung hat zum Ziel, im Rahmen von öffentlichen Vergabeverfahren die öffentlichen
Auftraggeber sowie die Unternehmen und deren Beschäftigte bei der Erlangung von Informationen über geltende gesetzliche und tarifvertragliche Regelungen über Arbeitsbedingungen und Entgelte zu unterstützen. Hierdurch kann den öffentlichen Auftraggebern die Erfüllung ihrer Kontrollpflichten nach diesem Gesetz gegenüber den beauftragten Unternehmen und Nachunternehmen erleichtert werden. Darüber hinaus können auch die beauftragten Unternehmen und deren Beschäftigte bei Bedarf Informationen über gesetzlich oder tarifvertraglich zu gewährende Leistungen erlangen. Die Unterstützung bei der Erlangung von Informationen beschränkt sich dabei auf Regelungen über den Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz sowie auf Regelungen aus allgemeinverbindlichen Tarifverträgen und aus Rechtsverordnungen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz. In diesem Zusammenhang werden keine Rechtsauskünfte zu anzuwendenden gesetzlichen oder tarifvertraglichen Regelungen erteilt.
Für weitergehende Informationen über Tarifverträge, die nicht allgemeinverbindlich sind, müssen sich tarifgebundene Arbeitgeber an ihren Arbeitgeberverband wenden. Darüber hinaus sind tarifgebundene Arbeitgeber verpflichtet, ihren Beschäftigten Informationen über die anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen zur Verfügung zu stellen. Sofern Beschäftigte von tarifgebundenen Arbeitnehmern Mitglied der tarifabschließenden Gewerkschaft sind, erhalten sie Informationen über tarifliche Regelungen von ihrer Gewerkschaft.


Zu Abs. 5
Das für das Tarifwesen zuständige Ministerium kann die öffentlichen Auftraggeber bei der Erfüllung ihrer Kontrollpflichten gegenüber den beauftragten Unternehmen unterstützen, indem es bei einem Verdacht auf Verstoß gegen Tariftreue- oder Mindestlohnpflichten den Kontakt zur Finanzkontrolle Schwarzarbeit koordiniert.

Quelle:
Amtliche Gesetzesbegründung zum HVTG 2021
Drucksache 20/5277 des Hessischen Landtages