Was ist ein Nachprüfungsverfahren?
Ein Nachprüfungsverfahren dient der rechtlichen Überprüfung eines Vergabeverfahrens öffentlicher Auftraggeber bei Rechtsverstößen. Ziel ist es, Bieter effektiv gegen Verfahrensfehler zu schützen und eine rechtmäßige Vergabepraxis sicherzustellen. Für Auftraggeber stellt es ein wichtiges Instrument dar, eigene Verfahren kritisch zu hinterfragen und rechtsicher durchzuführen.
Rechtsgrundlagen für das Nachprüfungsverfahren
Die Möglichkeit zur Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens ergibt sich vor allem aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§§ 155 ff. GWB). Spezielle Regelungen finden sich in:
Diese Vorschriften legen unter anderem fest, welche Stellen und im welchen Umfang zuständig sind sowie welche Fristen eingehalten werden müssen.
Zuständigkeit der Vergabekammer
Zuständig für das Nachprüfungsverfahren sind grundsätzlich die Vergabekammern (§§ 155 ff. GWB) auf Bundes- oder Landesebene. Der Auftraggebertyp und der Auftragswert bestimmen genau, ob die Länder- oder Bundesvergabekammer zuständig ist. Gegen Entscheidungen der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht möglich (§ 171 GWB).
Voraussetzungen für die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens
Nicht jeder vermeintliche Verstoß berechtigt unmittelbar zur Antragstellung. Vielmehr sind mehrere Bedingungen zwingend zu erfüllen:
- Eindeutiger Rechtsverstoß: Der Bieter muss einen Verstoß gegen eine konkrete Vorschrift nachweisen bzw. schlüssig darlegen können.
- Rügepflicht (§ 160 Abs. 3 Satz 1 GWB): Der Verstoß muss vom Bieter unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 10 Kalendertagen ab Kenntnis gerügt werden. Werden Verstöße erst nach Ablauf dieser Frist geltend gemacht, sind Nachprüfungsverfahren nicht mehr möglich.
- Antragsberechtigung (§ 160 Abs. 2 GWB): Nur Bewerber, die ein relevantes Interesse nachweisen können, sind berechtigt, einen Nachprüfungsantrag zu stellen.
Ablauf eines Nachprüfungsverfahrens
Ein typisches Nachprüfungsverfahren läuft folgendermaßen ab:
- Nachprüfungsantrag: Der Antragsteller stellt bei der zuständigen Vergabekammer einen schriftlich begründeten Antrag auf Nachprüfung. Dieser Antrag hat zwingend alle Anforderungen gemäß § 161 GWB zu erfüllen.
- Vorläufige Prüfung und Zwischenentscheidungen: Nach Eingang erfolgt eine Prüfung durch die Vergabekammer. Die Kammer kann sofortige Maßnahmen ergreifen, etwa ein vorläufiges Zuschlagsverbot aussprechen (§ 169 GWB).
- Stellungnahmen der Beteiligten: Auftraggeber, Antragsteller sowie gegebenenfalls weitere Beteiligte erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme.
- Mündliche Verhandlung (§ 166 GWB): Oftmals wird eine mündliche Verhandlung vor der Vergabekammer durchgeführt, in der alle Beteiligten ihre Argumente und Sichtweisen erläutern können.
- Entscheidung (§ 168 GWB): Abschließend trifft die Vergabekammer eine Entscheidung. Diese beinhaltet entweder den Auftrag zur Behebung des Vergabeverstoßes, das Aufheben der vergaberechtlichen Entscheidung des Auftraggebers oder die Zurückweisung des Antrags.
Rechtsfolgen eines Nachprüfungsverfahrens
Mögliche Rechtsfolgen sind:
- Aussetzung des Verfahrens: Die Vergabekammer kann mittels sog. Stillhalteanordnung (§ 169 Absatz 1 GWB) die Zuschlagserteilung temporär verhindern, um Schaden vom Beschwerdeführer abzuwenden.
- Aufhebung der Entscheidung: Wurden Verstöße festgestellt, kann die Vergabekammer rechtswidrige Entscheidungen gezielt aufheben und eine erneute Durchführung der Entscheidung unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben anordnen.
- Korrekturpflicht des Auftraggebers: Wird eine begünstigende Entscheidung für den Bieter getroffen, hat der öffentliche Auftraggeber diese Entscheidung umzusetzen und das Verfahren entsprechend anzupassen.
Ein zulässiger Nachprüfungsantrag stoppt demnach vorübergehend die Vergabe, bis zur abschließenden Klärung des Sachverhaltes.
Beschwerde beim Oberlandesgericht
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer besteht die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde vor dem zuständigen Oberlandesgericht (§§ 171 ff. GWB). Diese muss spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt werden. Das Gericht prüft unmittelbar die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Kammer.
Fazit
Das Nachprüfungsverfahren ist im deutschen Vergaberecht ein entscheidender Rechtsmechanismus, um Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerb effektiv zu gewährleisten. Es dient gleichermaßen dem Schutz der Bieterinteressen und einer fairen Vergabe öffentlicher Aufträge. Ein korrekter Ablauf unter Einhaltung der Fristen und klarer Dokumentation von Verstößen ist dabei für alle Beteiligten essenziell.