Vergabearten

Einführung in die Vergabearten

Das deutsche Vergaberecht zeichnet sich durch strukturierte und klar geregelte Verfahren aus, mit denen öffentliche Auftraggeber Aufträge an private Auftragnehmer vergeben können. Je nach Art des Auftrags, Auftragswert und besonderen Umständen stehen den öffentlichen Auftraggebern unterschiedliche Vergabearten zur Verfügung. Diese Vergabearten dienen dazu, dem Wettbewerb gerecht zu werden, Transparenz sicherzustellen und wirtschaftliche sowie nachhaltige Vergaben zu ermöglichen.

In Deutschland werden Vergabearten maßgeblich durch folgende Vorschriften geregelt:

  • Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)
  • Vergabeverordnung (VgV)
  • Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
  • Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A)

Es gibt drei grundlegende Vergabearten, die genutzt werden können:

  1. Öffentliche Ausschreibung/EU-weite Offene Verfahren
  2. Beschränkte Ausschreibung/EU-weite Nichtoffene Verfahren
  3. Freihändige Vergabe/Verhandlungsverfahren (teilweise auch Direkte Vergabe genannt)

Nachfolgend werden diese Vergabearten detailliert vorgestellt, inklusive ihrer spezifischen Voraussetzungen, Charakteristika und ihrer Relevanz für Auftraggeber und Auftragnehmer.

Öffentliche Ausschreibung und EU-weites Offenes Verfahren

Diese Vergabeart ist im Grundsatz die bevorzugte Methode für öffentliche Auftraggeber, um Transparenz und Wettbewerb sicherzustellen.

Charakteristika

Eine öffentliche Ausschreibung erfolgt öffentlich, europaweit beim sogenannten Offenen Verfahren. Jeder interessierte Unternehmer oder Anbieter darf ein Angebot abgeben. Ausschreibungen werden üblicherweise im Amtsblatt der Europäischen Union und auf nationalen Plattformen veröffentlicht, insbesondere wenn Schwellenwerte überschritten werden.

Voraussetzungen

Die öffentliche Ausschreibung hat Vorrang vor anderen Verfahren und ist stets heranzuziehen, wenn nicht besondere Gründe eine andere Vergabeart zulassen. Dies ergibt sich etwa aus § 3 UVgO und § 97 GWB. Gleichermaßen bestimmt § 3 Abs. 2 VOB/A die öffentliche Ausschreibung als Regelfall für Bauleistungen.

Ablauf der Vergabe

Eine öffentliche Ausschreibung folgt einem standardisierten Prozess:

  • Veröffentlichung der Vergabeinformationen (Ausschreibungsbekanntmachung)
  • Angebotsabgabe innerhalb der Frist
  • Eröffnung und Prüfung der Angebote
  • Erteilung des Zuschlags an das wirtschaftlichste Angebot

Beschränkte Ausschreibung und EU-weites Nichtoffenes Verfahren

Diese Vergabeart ermöglicht es dem Auftraggeber, den Teilnehmerkreis einzuschränken, jedoch unter Einhaltung der Transparenz.

Charakteristika

Bei der beschränkten Ausschreibung werden Unternehmen ausdrücklich zur Angebotsabgabe aufgefordert, entweder nach allgemeiner Bekanntmachung mit vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb oder ohne vorherige Veröffentlichung. Auf EU-weitem Niveau spricht man vom Nichtoffenen Verfahren, welches zwingend einen Teilnahmewettbewerb beinhaltet.

Voraussetzungen

Die Durchführung einer beschränkten Ausschreibung ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich, geregelt etwa in § 8 UVgO und § 3 Abs. 3 VOB/A. Gründe können insbesondere fachliche Eignungen, überschaubare Marktstruktur oder Effizienz bei relativ geringem Auftragsvolumen sein. In der VgV sind diese Voraussetzungen in § 16 VgV genauer beschrieben.

Ablauf der Vergabe

  • Veröffentlichung eines Teilnahmewettbewerbs
  • Auswahl geeigneter Bewerber nach vorgegebenen Kriterien
  • Aufforderung dieser ausgewählten Bewerber zur Angebotsabgabe
  • Bieterauswahl und Erteilung des Zuschlags

Freihändige Vergabe und Verhandlungsverfahren

Die freihändige Vergabe bzw. das EU-weite Verhandlungsverfahren ermöglichen mehr Flexibilität und direkte Kommunikation zwischen Auftraggeber und Bieter.

Charakteristika

Die freihändige Vergabe ist ein besonders flexibles Verfahren, bei welchem die Auftragsbedingungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer verhandelt werden dürfen. Auf EU-Ebene firmiert diese Vergabeart als Verhandlungsverfahren, teilweise auch mit und ohne Teilnahmewettbewerb.

Voraussetzungen

Für die freihändige Vergabe bzw. Verhandlungsverfahren existieren strenge Voraussetzungen: So ist diese Vergabeart nur zulässig, wenn öffentliche oder beschränkte Ausschreibungen nicht erfolgversprechend sind oder aus besonderen Gründen (z.B. Dringlichkeit nach Katastrophen oder fehlen von Alternativanbietern am Markt) nicht durchgeführt werden können (vgl. § 8 UVgO, § 12 VOB/A, sowie § 14 Abs. 4 VgV).

Ablauf der Vergabe

Der Ablauf gestaltet sich üblicherweise so:

  • Entscheidung für diese Vergabeart aufgrund zulässiger Gründe
  • Direkte Kommunikation und Verhandlungen mit einem oder mehreren Unternehmen
  • Prüfung der Angebote und finale Angebotsabgabe
  • Vergabeentscheidung unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit

Besonderheiten: Wettbewerblicher Dialog und Innovationspartnerschaft

Neben den klassischen Vergabearten gibt es auf EU-Ebene besondere Verfahren:

Wettbewerblicher Dialog

Dabei handelt es sich um ein Verfahren gemäß § 18 VgV, das insbesondere bei komplexen Auftragsgegenständen verwendet wird, bei denen öffentliche Auftraggeber keine eindeutige Beschreibung der technischen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Bedingungen vornehmen können.

Innovationspartnerschaft

Die Innovationspartnerschaft (vgl. § 19 VgV) dient zur Entwicklung einer innovativen Lösung, die am Markt noch nicht verfügbar ist. Auftraggeber arbeiten hierbei partnerschaftlich mit Unternehmen zusammen, um neue Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse zu entwickeln.

Fazit

Die verschiedenen Vergabearten im deutschen Vergaberecht erlauben öffentlichen Auftraggebern, unter Wahrung der entscheidenden vergaberechtlichen Grundprinzipien – Transparenz, Nichtdiskriminierung, Wettbewerb und Wirtschaftlichkeit – flexibel auf die unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Aufträge zu reagieren. Entscheidend ist jedoch immer, dass bei der Wahl der jeweiligen Vergabeart die Vorgaben der Gesetze und Verordnungen streng eingehalten werden.

Die Wahl der richtigen Vergabeart erfordert daher gründliche Kenntnis der einschlägigen Vorschriften und der dahinterstehenden Ziele sowie eine entsprechende Erfahrung des Auftraggebers oder beratender Stellen.